Rezension „Zwei fremde Leben“ von Frank Goldammer – dtv Verlag

  • Broschiert : 400 Seiten
  • ISBN-13 : 978-3423262552
  • ISBN-10 : 3423262559
  • Größe und/oder Gewicht : 13.7 x 4 x 21.1 cm
  • Herausgeber : dtv Verlagsgesellschaft (24. Juli 2020)
  • Sprache: : Deutsch
  • D: 16,90 Euro

Inhalt:

Ein verschwundenes Kind und die lebenslange Suche nach der Wahrheit

Ricarda Raspe und ihr Verlobter freuen sich auf ihr erstes Kind. Doch dann geht bei der Geburt in der Dresdner Klinik etwas schief − und es heißt, Ricardas Baby sei tot. Laut Vorschrift darf sie es nicht einmal mehr sehen. DDR-Alltag im Jahr 1973. Aber Ricarda glaubt nicht an den Tod ihres Kindes. Sie glaubt vielmehr an eine staatlich angeordnete Kindesentführung. Auch der Polizist Thomas Rust, der zufällig Zeuge des dramatischen Vorfalls wurde, hegt diesen Verdacht und stellt Recherchen an, die ihn in höchste Gefahr bringen. Erst 17 Jahre später laufen die Fäden zusammen, als die junge Claudia Behling jene Frau sucht, die sie nach ihrer Geburt weggegeben haben soll – ihre Mutter.

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Der Autor:

Frank Goldammer wurde 1975 in Dresden geboren und ist gelernter Maler- und Lackierermeister. Neben seinem Beruf begann er mit Anfang zwanzig zu schreiben, verlegte seine ersten Romane im Eigenverlag. Mit ›Der Angstmann‹, Band 1 der Krimiserie mit Max Heller, gelangte er sofort auf die Bestsellerlisten. Er ist alleinerziehender Vater von Zwillingen und lebt mit seiner Familie in seiner Heimatstadt.

Quelle: Amazon

Rezension:

„Zwei fremde Leben“ beginnt im März 1973, ein Datum, das mich schon vor dem Lesen extrem berührt. Ich selbst wurde im März 1973 geboren und war wie Claudia Behling zur Wendezeit 16 Jahre alt. Viele Begebenheiten und Redewendungen aus dieser Zeit habe ich im Buch wiedergefunden. Doch hier hören für mich die Gemeinsamkeiten auf. Im Gegensatz zu den weiteren Schilderungen verlebte ich eine glückliche, unbeschwerte Kindheit und Jugend. Umso mehr hat mich die Geschichte berührt und aufgewühlt.

Frank Goldammer spricht eine dunkle Seite der DDR-Geschichte an und konfrontiert uns mit unbequemen Wahrheiten. Dabei versteht er es gekonnt, uns die unterschiedlichen Gefühlswelten seiner Protagonisten greifbar und intensiv zu übermitteln. Dieser Roman ist packend, dramatisch und erschüttert. Dabei bleibt der Autor in seiner Betrachtung der Vergangenheit sowie der Gegenwart objektiv.

Über Kindesentzug und Zwangsadoptionen haben wir in der Vergangenheit viel gehört, doch hier fühlt man den Schmerz, die Sehnsucht und all die offenen Fragen. Wie viel psychische Schäden dieses Handeln wohl verursacht haben mag, kann ich mir nicht vorstellen.

Ricarda Raspe kann den Verlust ihres Kindes nicht überwinden, denn Abschiednehmen wurde ihr nicht erlaubt. Die Möglichkeit, dass ihr Kind doch noch leben könnte, bestimmt fast ihr ganzes Leben und zerstört, was vielleicht hätte sein können. Doch kann ein Vater wirklich so grausam gegenüber seinem eigenen Kind sein? Diese Unsicherheit und Zweifel begleiten uns bis ans Ende.

Geheimnisse und Gefahren stehen im Raum. Nie ist man sich sicher, wirklich hinter die Kulissen zu blicken. Realitätsnah und einfühlsam nimmt uns der Autor mit auf eine steinige und gefährliche Spurensuche.

Wir bewegen uns auf mehreren Zeitebenen. Diese Zeitstränge werden über 45 Jahre hinweg geschickt miteinander in Verbindung gebracht. Die Trauer und Hilflosigkeit der Frauen, die Zerrissenheit des Polizisten Thomas Rust auf seinem Weg der Wahrheitssuche, aber auch das Gefühlschaos der Menschen während der Nachwendezeit spiegeln sich deutlich wider. Nach großer Euphorie erfolgte für viele die Ernüchterung.

Neben dem großen Hauptthema spricht Frank Goldhammer in „Zwei fremde Leben“ von Existenzängsten, Neuanfängen, Misstrauen, dem Wunsch nach Geborgenheit und vor allem dem Streben nach Gewissheit. Am Ende wartet Frank Goldammer noch einmal mit einer Überraschung auf.

Frank Goldammer versteht es, uns nicht nur mit einem Roman, einer Geschichte einzufangen und zu unterhalten. Wie schon in den von mir geliebten Max Heller – Krimis, gelingt es ihm, ein eindringliches Zeitzeugnis vorzulegen.

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