Rezension „Nur im Dunkeln leuchten dir Sterne“ von Felix Leibrock – Europa Verlag

  • Gebundene Ausgabe: 232 Seiten
  • Verlag: Europa Verlag; Auflage: 1 (5. Juli 2019)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3958902820
  • ISBN-13: 978-3958902824
  • D: 16,00 Euro

Inhalt:

»Stalter, du bist raus.« Mit dieser WhatsApp-Nachricht beginnt für Stalter der unaufhaltsame Abstieg. Bis vor Kurzem war er noch der erfolgreiche Geschäftsmann mit Frau und Kindern und der Option auf ein schickes Haus in München-Solln. Jetzt ist die Ehe am Ende, seine Geschäftspartner haben ihn ausgebootet, die letzten Geldreserven sind aufgebraucht. Mit Hartz IV ist die Miete in München unbezahlbar, Stalter landet auf der Straße, wo ihn die harte Realität der Obdachlosigkeit mit voller Wucht trifft und er sich unter den Ausgestoßenen der Gesellschaft wiederfindet.

Beim „Sternenexpress“, einer mobilen Obdachlosenhilfe, trifft Stalter auf die Märchenerzähler Vasile, Samir und einige andere Obdachlose. In ihren stimmungsvollen Geschichten aus ihrer Heimat geht es um Trauer und Verlust, um Liebe und Hoffnung, um die Suche nach dem Glück. Sie berühren Stalter tief und eröffnen ihm einen neuen Blick auf sein altes, von der Jagd nach Geld und Erfolg getriebenes Leben. Er erkennt die heilende Kraft der Märchen, erkennt, wie viel Lebensweisheit in ihnen steckt. Er beginnt, sie aufzuschreiben und an Passanten zu verteilen. So wird Amelie, eine Mitarbeiterin beim „Sternenexpress“, auf ihn aufmerksam. Auch sie glaubt an den tiefen Sinn der Märchen und macht Stalter ein Geschäftsangebot – Stalters Chance, sich ein neues, erfülltes Leben aufzubauen. Die einfühlsame Entwicklungsgeschichte eines Mannes, der ganz tief fällt und sich wieder nach oben kämpft, verwoben mit alten Märchen aus verschiedenen Kulturkreisen.

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Der Autor:

„Wir brauchen Orte, um unsere Emotionen auszuleben. Konzerte von Grönemeyer bis Grande, FCB und BVB, Flashmob und Sonnentanz, aber auch Bücher und Gottesdienste sind dazu prädestiniert.“ Felix Leibrock holt die Lesenden bei ihren emotionalen Erfahrungen (Trauer, Glück, Enttäuschung, Erleichterung, Liebe, Scham, Dankbarkeit, Ärger usw.) ab und setzt das auch in seinen Veranstaltungen um. Er leitet das Evangelische Bildungswerk in München, ist Seelsorger bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei und spricht das Format „Nachgedacht“ bei Antenne Bayern. Nach drei Krimis bei Droemer Knaur hat er mit „Nur im Dunkeln leuchten dir Sterne“ ein Buch geschrieben, das von dem Verlust der inneren Mitte und Wegen aus persönlichen Krisen erzählt. Felix Leibrock lebt in München und Weimar. Mehr unter www.felixleibrock.de

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Rezension:

Felix Leibrock ist in seiner Art des Schreibens unbeschreiblich vielseitig. Seine Romane und Krimis sind nicht einfach nur unterhaltsam. Die Vielschichtigkeit und der Facettenreichtum seiner Protagonisten eröffnet uns viele sehr unterschiedliche Welten. Der Autor besitzt die Gabe, den Menschen um sich herum wirklich zuzuhören und eine gute Beobachtungsgabe.

„Nur im Dunkeln leuchten dir Sterne“ ist ein Buch, das seine Beobachtungen und Erlebnisse der letzen Jahre sowie eigene Erfahrungen in sich vereint. Sein Protagonist, Stalter, ist nicht sofort der sympathische Mensch von nebenan. Nein, Stalter ist dünkelhaft, egoistisch und strotzt nur so vor Selbstmitleid. Doch nach und nach lernen wir ihn besser kennen und seine Persönlichkeit wandelt sich.

Stalter befindet sich in einer Abwärtsspirale. Er erkennt die Realität genau, klammert sich an die Wertvorstellungen seines vergangenen Lebens und doch fehlt ihm der Elan, die Kraft, sich dem Abwärtssog zu entziehen. Förderlich ist auch nicht, dass seine Versuche, in ein normales Leben mit einem Dach über dem Kopf und einem richtigen Bett zurückzukehren, an der Moral seiner Mitbürger scheitern.

Habt Ihr euch eigentlich einmal gefragt, warum manche Menschen auf der Straße leben, betteln oder in Obdachlosenunterkünften nächtigen müssen?
Oder ist es eher so, dass wir diese Menschen von vornherein verurteilen, die gleichen Vorurteile hegen, wie unser Protagonist es in der Anfangszeit seiner Obdachlosigkeit tut?

Nicht immer sind es Faulheit, Dummheit und die eigene Schuld, dass sich jemand in Hoffnungslosigkeit verliert und/oder in das Abseits der Gesellschaft rutscht. Es gibt im Leben so viele Widrigkeiten, die auch den Bodenständigsten straucheln lassen und aus der Bahn werfen können. Manchmal sind es falsche Freunde oder Geschäftspartner, Naivität, falsches Vertrauen, Trennungen. Aber auch der Tod eines geliebten Familienmitgliedes, kann zu einer derartigen Situation führen.
Wie wichtig es ist, sich über die eigene Situation klar zu werden, eine hilfreiche Hand zu haben, die sich einem entgegenstreckt, erleben wir gemeinsam mit Stalter. Doch noch viel wichtiger ist es, den Mut zu haben, diese helfende Hand auch zu ergreifen, sich auf neue Wege einzulassen.

Stalter lernt, die Welt mit neuen Augen zu betrachten. Zuvor unwichtige Kleinigkeiten gewinnen an Bedeutung. Er, der immer nur das Streben nach höherem Wohlstand und Prestige kannte, erlangt auf der Straße viele neue Erkenntnisse. Seine Vorstellung von Glück und sein Lebensziel bekommen einen neuen Anstrich. Er lernt sich selbst neu kennen und die Definition von Glück bekommt für ihn einen völlig neuen Inhalt. Für mich wird aus ihm am Ende ein sehr viel besserer und sympathischerer Mann, als zu Beginn seiner Geschichte.

Im Buch basieren viele Erkenntnisse auf Märchen, die die Obdachlosen einander abends erzählen. Im Buch spielen sie eine zentrale Rolle. Mir hat besonders das Märchen von Gondrom gefallen. Nachlesen könnt Ihr es im Buch.

Märchen haben eine heilende Wirkung, können uns aber auch erstaunliche Weisheiten mit auf den Weg geben. Für Stalter sind sie bald der Dreh- und Angelpunkt. Sie bringen ihn dazu selbstlos zu handeln, ohne daraus Profit schlagen zu wollen. Jetzt, wo er ganz weit unten angelangt ist, selbst kaum etwas seinen Besitz nennen kann, möchte er anderen etwas abgeben und wenn es auch „nur“ ein kurzer Moment des Glücks ist. Sein Handeln befreit ihn von einer großen Last und gibt ihm den lang vermissten Halt. Mit den Märchen leuchten ihm bald die Sterne einen Weg, für den er nur noch den Mut aufbringen muss, ihn auch zu betreten.

„Nur im Dunkeln leuchten Dir Sterne“ steckt voller Liebe, Liebe zum Leben und zu den Menschen. Es erfüllt mit Hoffnung und ist wie ein Wegweiser auf der Straße zum Glück.

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