Rezension „Der Junge auf dem Berg“ von John Boyne – FISCHER KJB

Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Verlag: FISCHER KJB; Auflage: 1 (24. August 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3737340625
ISBN-13: 978-3737340625
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren
D: 16,99 Euro

Inhalt:

Seit über 10 Jahren ein Welterfolg: ›Der Junge im gestreiften Pyjama‹
Mit seinem neuen Roman kehrt John Boyne in das dunkelste Kapitel unserer Geschichte zurück.

Als Pierrot seine Eltern verliert, nimmt ihn seine Tante zu sich in den deutschen Haushalt, in dem sie Dienst tut. Aber dies ist keine gewöhnliche Zeit: Der zweite Weltkrieg steht unmittelbar bevor. Und es ist kein gewöhnliches Haus: Es ist der Berghof – Adolf Hitlers Sommerresidenz.
Schnell gerät der Junge unter den direkten Einfluss des charismatischen Führers. Um ihm seine Treue zu beweisen, ist er zu allem bereit – auch zum Verrat.

Ein brandaktuelles Buch in Zeiten des weltweiten Rechtsrucks.

»Unfassbar und unfassbar gut. « The Times

»Ein Bravourstück … Überwältigend. « The Guardian

»Die Leser werden John Boynes Botschaft begreifen:
Wenn das Pierrot passieren kann, dann kann es auch uns passieren.«
Irish Indipendent

»Erneut zwingt uns diese Parabel über einen Jungen in Kriegszeiten dazu,
über das Beste und das Schlechteste im Menschen nachzudenken. «
The Irish Times

»Eine tief bewegende Parabel … Diese erschreckende Darstellung
jugendlicher Verführbarkeit und Sühne klingt noch lange nach. «
Daily Mail

Quelle: Amazon

Der Autor:

John Boyne wurde 1971 in Dublin, Irland, geboren, wo er auch heute lebt. Er studierte Englische Literatur und Kreatives Schreiben und bekam bereits als Student erste Auszeichnungen. Nach zahlreichen Kurzgeschichten hat er inzwischen sieben Romane geschrieben, von denen bisher drei auf Deutsch veröffentlicht wurden. Sein 2006 erschienener und bereit kurz darauf erfolgreich verfilmter Roman ›Der Junge im gestreiften Pyjama‹ wurde in über 40 Sprachen übersetzt, mit zahlreichen nationalen wie internationalen Auszeichnungen und Preisen geehrt und hat weltweit über fünf Millionen Leser gefunden.

Quelle: Amazon

Rezension:


Er war ein ganz normaler kleiner Junge mit einem weichen Herzen und einem Sinn für Gerechtigkeit. Sein bester Freund – ein gehörloser Junge jüdischer Abstammung. Doch dann wird das Leben Pierrots in seinen Grundfesten erschüttert und die Persönlichkeit des einst warmherzigen Jungen durchlebt in den folgenden Jahren eine tragische Wandlung.

John Boyne hat zehn Jahre nach seinem Welterfolg „Der Junge im gestreiften Pyjama“ erneut ein wegweisendes Werk vorgelegt, das in den Tiefen der Seele erschüttert. 
Die Perspektive, aus der wir dieses Mal die Zeit des Zweiten Weltkrieges betrachten, ist jedoch eine andere. Seine fiktive, doch so engmaschig mit geschichtlich belegten Ereignissen verknüpfte Geschichte zeigt ein Schicksal auf, wie es sich tatsächlich hätte ereignen können. Parallelen lassen sich leicht zu vielen ähnlichen Lebensgeschichten knüpfen.

“…Du weißt, warum Leute Uniformen tragen, oder, Pierrot?”, sprach der Chauffeur weiter. Der Junge schüttelte den Kopf. “Weil sie glauben, dann könnten sie alles machen, was sie wollen. […] Uniformen erlauben es uns, unsere Grausamkeit auszuleben, ohne jemals Schuld zu empfinden…” 



Die Grundfrage ist, warum folgten so viele dem nationalsozialistischen System und wie kam es zur regelrechten Heldenverehrung Hitlers? 

„Der Junge auf dem Berg“ ist so feinfühlig, wie kompromisslos. Es gibt keinen leichten Weg durch die Zeilen.

John Boyne ging mit seinem Buch ein Wagnis ein, das sich gelohnt hat. Er weckt Verständnis für einen jungen Mann, der verblendet durch falsche Ideologien, einen Weg einschlug, den wir nach heutigem Wissen nur verdammen können. Pierrot begeht Fehler, die sich nicht wieder heilen lassen und die mich in ihrer Endkonsequenz tief erschüttert haben. Wie kann ein Kind zu solchen Handlungen in der Lage sein und dabei psychisch keinen Schaden erleiden? Die Frage war, welche Entwicklung ergibt sich aus den Ereignissen. Mit seinen Schuldgefühlen wird er ein Leben lang zurechtkommen müssen.

„…Pierrot mochte die Vorstellung, vor nichts Angst zu haben. Und auch die Vorstellung, irgendwo dazuzugehören…“

Es schmerzte, diesen Jungen auf seinem Weg zu begleiten, zu wissen, wohin er steuert und ihm keinen Einhalt gebieten zu können. Schlussendlich erkennt er seine Verfehlungen und sucht den Weg zurück zu seinen Wurzeln. Ein Hoffnungsschimmer, auch im Hinblick auf die heute wieder aktuellen Ereignisse.

„…Denkst du nicht manchmal“, fragte er vorsichtig, „dass es besser wäre, selbst andere zu quälen, als gequält zu werden? Zumindest könnte einem dann nie jemand weh tun…“

Mit sieben Jahren ist Pierrot ein kleiner schmächtiger Junge und das typische Opfer. Nach dem Tod der Eltern fühlt er sich zurückgewiesen, einsam. Aus Pierrot wird Peter und der letzte Bezug zu seiner Vergangenheit wird regelrecht ausradiert, auch wenn dies zu seinem Schutz geschah. Peter verliert seine Identität. Anpassung ist gefragt.
John Boyne zeigt, wie schnell ein Opfer zum Täter werden kann. Wie sensibel eine Kinderseele ist und wie rasch man diese zerstören bzw. in die falschen Bahnen lenken kann.

„…wie gemein sie zu ihm gewesen waren und wie Rottenführer Kotler ihm seine belegten Brote weggenommen hatte. Er wusste nicht recht, ob er so ein Mensch werden wollte wie sie…“

Pierrot ist wie ein steuerloses Schiff auf hoher See. Auf der Suche nach Anerkennung und einer Vaterfigur gerät er in den Bann Adolf Hitlers. Schleichend geht mit dem einst liebenswerten Junge eine Veränderung vor sich, die nicht aufzuhalten ist. Eine große Rolle spielt hierbei sicher auch das von der Welt abgeschottete Leben auf dem Berg. Peter hat kaum Kontakte zur Außenwelt. Seine Naivität macht ihn zum perfekten Mitläufer. Hitler und seine Schergen werden zu etwas wie einer Familie und der Hunger nach Macht und Zugehörigkeit nimmt erschreckende Wege. Peter ist nach vielen Jahren der Beeinflussung nun selbst zu Gewalt und Grausamkeiten fähig, unter denen er als kleiner Junge leiden musste. Schuldgefühle schiebt er rigoros beiseite. Verblendet und euphorisch zerstört er die letzten sozialen Bindungen zu Freunden und der Familie. Am Ende ist er wieder ein Treibholz, das nirgendwo dazugehört. Doch er hat den Mut zu einem Neuanfang.

„…du hast noch viele Jahre vor dir, um zu verarbeiten, dass du bei all dem mitgemacht hast. Aber red dir nie ein, du hättest von nichts gewusst….Das wäre das schlimmste Verbrechen überhaupt…“

„Der Junge auf dem Berg“ macht betroffen und regt hoffentlich viele Leser zum Nachdenken an.
Ich hoffe, es findet viele offene und kritische Leser.
Der Lesealterempfehlung stimme ich im Großen zu, allerdings sollte man auch Zwölfjährige mit der Thematik nicht allein lassen. Hierfür gibt es einige nur schwer zu verarbeitende Szenen, bei denen unbedingt Gesprächsbedarf besteht.

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2 Antworten zu Rezension „Der Junge auf dem Berg“ von John Boyne – FISCHER KJB

  1. Vielen Dank für die Rezension. Ich hatte das Buch schon auf meiner Wunschliste und werde es nun bestellen.Liebe GrüßeCorinna

  2. Zwiebelchen sagt:

    Liebe Corinna,der Kauf lohnt sich und das Buch gibt viel zum Nachdenken mit auf den Weg.Liebe GrüßeAnja

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