Chris Carter – Leseabend zur Erfurter Herbstlese am 21.09.2016

Chris Carter weilt das erste Mal überhaupt in Deutschland. Den Auftakt seiner Rundreise bildete die gestrige Lesung im Rahmen der Herbstlese in Erfurt und ich hatte das Vergnügen, ihn am Abend live zu erleben.

Chris Carter spricht kein Wort Deutsch, außer – ich zitiere: „Rammstein!“, deren Musik er einfach cool findet.

So saßen ihm am gestrigen Abend der Schauspieler Christian Berkel, als Deutschlands bekanntester Fernseh-Kriminalist sowie Margarete von Schwarzkopf, als Moderatorin und Dolmetscherin zur Seite. Einige Gäste waren erstaunt, wieviel sie auch ohne Übersetzung verstehen konnten. 
Die Stimmung war locker und entspannt. Thrillerautoren scheinen zudem mit einer großen Portion Humor ausgestattet zu sein. Während der zweistündigen Veranstaltung wurde trotz des düsteren Buches sehr viel gelacht.
Nachdem der Autor die erste Seite von „I Am Death – Der Totmacher“ im Original vorgelesen hatte, übernahm Christian Berkel das Lesen weiterer Passagen aus der deutschen Übersetzung. Chris Carter schien vom Klang seines Textes, in der ihm fremden Sprache, überrascht zu sein und warf immer wieder einen suchenden Blick in sein eigenes Exemplar. Christian Berkel zog die Zuhörer im Saal in seinen Bann und nutzte seine Stimmgewalt aus, um für den einen oder anderen Adrenalinschub zu sorgen.

Chris Carter war nicht immer Autor und begann sein vierjähriges Studium in Forensischer Psychologie bereits mit 16 Jahren. Sechs lange Jahre war er als Ermittler und psychologischer Berater tätig, bevor er sich der Musik zuwandte. Wie er selbst sagt, lässt sich mit einer Gitarre in der Hand ein Mädchen eher erobern, als mit Geschichten aus dem Alltag eines Ermittlers. 

Eine Weile genoss er es, als Musiker durch die Welt zu ziehen, bis ein Traum sein Leben erneut veränderte. Chris Carter hatte nie vor, Autor zu werden. Doch als er seiner Freundin von diesem speziellen Traum erzählte, war sie einfach nur begeistert. So schrieb er das erste Kapitel zu einem inhaltlich völlig anderen Buch. Parallel entstand das erste Kapitel zu einer Kriminalgeschichte. Letztere fanden Freunde noch fesselnder und so gesellten sich rasch zwei weitere Kapitel hinzu. Um ein objektives Feedback zu den Kapiteln zu erhalten, verschickte der Autor diese an 40 ihm unbekannte Personen. Zum Glück fielen die Rückmeldungen positiv aus und der Geburt des Ermittlerduos Hunter & Garcia stand nichts mehr im Wege.
Chris Carter verriet, dass er damals nicht an eine ganze Buchreihe dachte und Hunter am Ende des Buches sterben sollte. Sein Lektor/Agent legte Veto ein und er schrieb ganze 15 Kapitel noch einmal neu. Im Laufe der ersten Bücher entwickelte sich Hunter positiv weiter. Aber auch Garcia und seine Frau Anna sind Carterlesern ans Herz gewachsen. Ihm wurde sogar gedroht, er solle ja nie darüber nachdenken, einen dieser drei Charaktere sterben zu lassen. Soweit zum Einfluss der Leser auf die Arbeit eines Autors.
Chris Carters Bücher bewegen sich am Rande extremer Brutalität. Dennoch gibt es eine Grenze, die der Autor nie überschreiten wird. In seinen Büchern wird es nie um Fälle mit Kindern gehen. Er selbst hat zwar keine eigenen Kinder, dennoch ist ihm bewusst, welche Ängste viele Eltern um ihre Kinder täglich ausstehen. Sein aktueller Thriller bildet zwar eine gewisse Ausnahme von dieser Regel, jedoch wird im Laufe der Handlung deutlich, warum hier ein kleiner Junge mitten im Geschehen auftaucht. Dies ist wichtig, um das Ende verstehen zu können. Mehr kann ich an dieser Stelle nicht dazu ausführen, da ich Spoilern müsste, aber niemandem die Lesefreude rauben möchte.
Fiktive Kriminalfälle unterscheiden sich extrem von der Realität. Für den Autor gibt es verschiedene Hürden bei der Umsetzung seiner Ideen zu nehmen. Am Ende der Geschichte möchte der Leser den Fall bis ins kleinste Detail aufgeklärt haben, einer Logik folgen und Handlungen nachvollziehen können. Die Realität bietet dies oftmals nicht. Täter folgen keiner verständlichen Logik oder liefern eine plausible Erklärung für ihre Taten. Ein Massenmörder, ermordete z. B. aufgrund eines Streites mit einem Mann dessen komplette Familie. Auf die Frage von Chris Carter nach dem Warum antwortete er: „Sie waren Zu Hause.“

Die Bücher von Chris Carter spielen alle in Los Angeles. Hier hat er viele Jahre gelebt, kennt sich in den Straßen der Stadt aus und erhält immer neue Inspirationen für weitere Fälle. Das Gefälle zwischen Arm und Reich, Hollywoodglamour und Gangrivalitäten ist in kaum einer anderen Stadt so groß wie in Los Angeles.

Bei uns erschien gerade der 7. Band um das Ermittlerteam Hunter & Garcia. Band 8 ist fertig und wird im Februar 2017 in Großbritannien herauskommen. Momentan schreibt Chris Carter fleißig am neunten Buch und hat bereits Ideen für die Bände zehn bis zwölf in der Schublade. Wir dürfen auf viele weitere Bücher aus seiner Feder gespannt sein.

Die Verfilmung der Buchreihe steht leider noch aus, wäre aber auch für den Autor ein Traum. Einen Besetzungswunsch hat Chris Carter allerdings bisher nicht. 

Chris Carter ist ein absoluter Frauenschwarm, was sicher auch den großen Anteil an weiblichen Gästen des Abends erklärt. Der Autor gab sich sehr Publikumsnah und erfüllte im Anschluss an die Veranstaltung geduldig die vielen Foto- uns Signierwünsche.















Dieser Abend war für mich eines meiner Highlights der Erfurter Herbstlese 2016.





Weitere Artikel findet Ihr, in der Thüringer Allgemeinen und auf dem Onlineportal der Thüringer Allgemeinen.

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