Rezension “Falsche Schwestern” von Cat Clarke – FISCHER FJB


    Broschiert: 400 Seiten
    Verlag: FISCHER FJB; Auflage: 1 (25. August 2016)
    Sprache: Deutsch
    Aus dem Englischen von Jenny Merling
    ISBN-10: 3841402259
    ISBN-13: 978-3841402257
    Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 14 Jahren
    D: 14,99 Euro



    Inhalt:

      Vor 13 Jahren verschwand meine Schwester. Jetzt ist sie wieder da. Nichts ist, wie es war. ›Falsche Schwestern‹ von Cat Clarke ist ein psychologischer Spannungsroman, der unter die Haut geht.

      Stell dir vor, du hast deine Schwester verloren. Kidnapping. Seit der Entführung vergehen deine Eltern vor Kummer. Das Loch, das deine Schwester in der Familie hinterlassen hat, ist immer schmerzhaft präsent. Alles fällt auseinander.
      Stell dir vor, deine Schwester taucht plötzlich wieder auf. 13 Jahre später! Bei deinen Eltern ist die Freude riesig. Alle scheinen glücklich, aber sie drängt sich so in den Mittelpunkt, dass für dich kein Platz mehr in der Familie ist. Sogar deinen Freund spannt sie dir aus.
      Doch dann passiert etwas, das alles verändert.

      Faith kennt ihre Schwester Laurel eigentlich nur von einem Foto. Ein lächelndes sechsjähriges Mädchen, das eines Tages spurlos aus dem Garten verschwand. Für Faith Familie beginnt ein Albtraum: Angst, Kummer, Pressekonferenzen, großangelegte Polizeisuche und Paparazzi. Doch dann, mehr als 13 Jahre später kommt ein Anruf. Eine junge Frau ist aufgetaucht. Und sie hat Laurels Teddy im Arm. Die Familie kann ihr Glück kaum fassen: Endlich hat Faith ihre große Schwester zurück. Dann aber schlägt ihre Freude um. Irgendetwas fühlt sich verdammt falsch an … In Faith wächst ein schrecklicher Verdacht.

      Jeder erinnert sich an den Fall Natascha Kampusch. ›Falsche Schwestern‹ ist in packender Was-wäre-wenn-Roman über eine Entführung, bei der das Mädchen nach 13 Jahren zurückkehrt. Das Drama was sich in der Familie und zwischen den Geschwistern anbahnt, ist aufwühlend und höchst berührend.

      Quelle: S. Fischer Verlage

      Die Autorin:

      Cat Clarke wurde in Sambia geboren, hat aber den Großteil ihres Lebens in Schottland verbracht. Bevor sie ihren ersten Roman schrieb, arbeitete sie in einem englischen Verlagshaus als Kinderbuchlektorin. Selbstgestrickte Wollmützen sind ihr Markenzeichen – spannende YA-Bücher ihre Leidenschaft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in London.

      Quelle: S. Fischer Verlage

      Rezension:

      Ein Kind verschwindet. Was bleibt sind Angst, Verzweiflung und eine nie endende Hoffnung. Selbst nach Jahren ist die Ungewissheit quälender als das endgültige Wissen.

      „Falsche Schwestern“ lässt uns diese Situation einmal nicht aus der Perspektive des Opfers sondern der Familie, insbesondere der Schwester betrachten.
      Wie fühlt sich das verbliebene Kind, wenn die Schwester nicht mehr da ist, aber dennoch im Vordergrund steht? Ein interessanter Blickwinkel auf ein ernstes Thema.

      Wir erleben, wie die Suche nach Laurel das Leben von Faith und ihren Eltern bestimmt und auch in gewissem Sinn zerstört hat. Selbst nachdem die große Schwester nach 13 Jahren gefunden ist, kann man nicht von einem normalen Alltagsleben sprechen. Sie sind sich fremd und der Umgang miteinander ungewohnt. Medienbelagerung und Sensationsgier bestimmen die Regeln. 

      Jedoch kann man aufgrund der intensiven Schilderungen ein Stück weit nachvollziehen, warum sich Menschen nach Jahren der seelischen Belastungen dem Medienrummel aussetzen.
      Zum Teil geht es um die Faszination, die Film- und Fernsehen auch heute noch ausüben. Das Bad in der Menge und der Hunger nach Aufmerksamkeit und Mitgefühl stellen anscheinend einen Ersatz für die verlorene Zeit dar. Aber es geht auch um existenzielle Überlegungen. Ohne finanzielle Mittel ist ein Leben in unserer Gesellschaft nicht möglich. Doch was tun, wenn einem die Jahre der Bildung und Entwicklung im herkömmlichen Sinne verwehrt wurden und man in eine ungewisse Zukunft blickt. Kann man es da den Opfern und deren Familien verdenken, aus der Not und dem eigenen Unglück einen finanziellen Vorteil herauszuschlagen zu wollen? Bleibt ihnen überhaupt die Möglichkeit, einen anderen Weg einzuschlagen? 

      Unterschwellig spürt man bereits von Beginn an, dass irgendetwas nicht so ist, wie vermutet. Auch wenn alle Fakten stimmig zu sein scheinen, ist da immer ein Hauch von Zweifel. So bleibt der Spannungsbogen erhalten und als Leser hinterfragt man immer wieder das Handlungsgeschehen. Kleine, von der Autorin geschickt eingesponnene Hinweise, sorgen für Verwirrung.

      Leider hat mich der Plot dennoch nicht überzeugt und bis auf das Ende zu sehr an die Geschichte von Natascha Kampusch erinnert. Natürlich stimmen die Daten nicht direkt überein, doch die Grundidee besitzt sehr viele Parallelen. Gerade diese Details haben mich arg gestört. Es ist, als würde man die eine Geschichte lesen und eine andere im Hinterkopf haben. Ich empfand diese Verknüpfungen nicht als positiv. 

      Es ist ein schwieriges Thema. Einige Szenen waren für mich nicht überzeugend oder realistisch genug dargestellt. Daher hinterließ das Buch einen unangenehmen Nachgeschmack und ich konnte mich mit der Geschichte selbst nicht wirklich anfreunden.

        Aufgrund des Klappentextes und Buchtitels hatte ich mir erhofft, mehr über die Beziehung zwischen Laurel und Faith erfahren zu können. Der Handlungsstrang beschäftigt sich sehr einseitig und überwiegend mit Faiths Gefühlen, ihren Gedanken und Umgehen mit der Situation. Natürlich erfährt der Leser auch viel über Laurel und kann beobachten, wie sie die gewonnene Freiheit und die ihr unbekannte neue Welt entdeckt. Die Beziehung der beiden Schwestern wird für mich als Leser nicht greifbar und die Gefühlsebene nur leicht angekratzt. Hier hätte ich mir ein tieferes Eintauchen gewünscht. Es fehlt eine Verbindung zwischen den beiden jungen Frauen, ganz unabhängig von einer familiären Beziehung.

        Trotz meiner Kritikpunkte las sich das Buch stilistisch sehr gut und es war interessant zu verfolgen, welche Gefühle beim Lesen aufkommen. Nicht immer liegen die Sympathien auf dem eigentlichen Opfer, sondern bei denen, die im Laufe der Ereignisse auf ihre Art ebenso leiden, aber kaum Beachtung finden.

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