Gebundene Ausgabe: 152 Seiten
Verlag: Carlsen (27. Januar 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3551736391
ISBN-13: 978-3551736390
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 14 – 17 Jahre
D: 17,90 Euro
Inhalt:
Dass Reinhard Kleist in der Lage ist, schwierigste historische Themen in einer Graphic Novel umzusetzen, hat er mit „Der Boxer“ bewiesen. Jetzt nimmt er ein aktuelles Thema anhand einer wahren Geschichte auf: Die Sprinterin Samia Yusuf Omar vertrat Somalia bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. In ihrer Heimat wurde sie jedoch von islamistischen Extremisten bedroht, die ablehnen, dass Frauen Sport treiben. In der Hoffnung, an der Olympiade in London teilnehmen zu können, versuchte sie die Flucht nach Europa. Samia Yusuf Omar ertrank 2012 im Alter von 21 Jahren vor der Küste Maltas im Mittelmeer.
Der Autor:
Geboren wurde Reinhard Kleist 1970 in der Nähe von Köln. Er studierte Grafik und Design in Münster und zog 1996 nach Berlin, wo er seitdem lebt und sich heute mit den Comic-Zeichnern Fil, Mawil, Andreas Michalke und Naomi Fearn ein Atelier teilt.
Er veröffentlichte zahlreiche Comics, unter anderem bei den Verlagen Ehapa, Landpresse, Reprodukt und Edition 52 und Carlsen. Neben seinen Comicarbeiten schuf Reinhard Kleist Illustrationen für Bücher von H.C. Artmann und J.G. Ballard und für Plattencover von Terrorgruppe und Bear Family Records. Darüber hinaus verschönerte er diverse Hausfassaden in Berlin und war als Artdirector für Trickfilme tätig.
Reinhard Kleist erhielt für seine Comics bereits mehrere Preise, darunter 1996 den Max-und-Moritz-Preis und 2007 den PENG-Preis sowie den Sondermann-Preis für „Cash – I see a darkness“
Sein Band „Cash – I see darkness“ wurde auf dem Internationalen Comic-Salon in Erlangen 2008 mit den Max-und-Moritz-Preis als Bester deutschsprachiger Comic ausgezeichnet.
Rezension:
„Wenn man läuft das ist als ob man fliegt.
Man ist schneller als alle und keiner kann einen einholen, und dann kommt man zum Ziel und reißt die Arme nach oben und das ist wie…das Paradies.“
Samia wird dieses Paradies nie mehr erleben. 2012 verlor sich ihr junges Leben zwischen den Wellen des Meeres auf dem Weg in die Freiheit, als sie die Arme ihrem Lebenstraum entgegen streckte.
Wie Ihr vielleicht bereits mitbekommen habt, ist es in unserem Campus Libris nicht nur kuschelig. Nein, wir unternehmen auch ganz viel gemeinsam. Derzeit befinden sich mehrere gemeinsame Leseprojekte in der Planung und drei Wanderbücher ziehen von Zimmer zu Zimmer. Auf diesem Wege fand auch Samia aus Somalia zu mir. Ich möchte Euch dieses Buch heute ans Herz legen.
Samia und ihr Schicksal war mir zuvor nicht bekannt. Dabei stand diese starke junge Frau einmal für eine kurze Zeit im Focus der breiten Öffentlichkeit, als sie Somalia bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking vertreten durfte. Danach fiel sie in ein Loch des Vergessens.
Doch ihre Liebe zum Sport, ihr Ehrgeiz erneut bei Olympia 2012 anzutreten und allen ihr Können zu beweisen, waren ungebrochen. Sie wollte den Fängen des Militärregimes entfliehen, um sich ihren Traum zu erfüllen. Sie wünschte sich nichts mehr, als ein besseres, sicheres Leben für sich und ihre Familie. Sie wollte laufen und trainieren wie all die anderen Sportler, die sie in Peking hatte kennenlernen dürfen. In Somalia gab es für Samia keine Zukunftsperspektive.
Leider hat sie es nicht geschafft, ihr Ziel zu erreichen. Ihre Spur verliert sich auf einem kleinen Schlauchboot auf dem Weg in die Freiheit in den Tiefen des Meeres.
Seither sind mehrere Jahre vergangen und dennoch ist das Thema ihrer Flucht brandaktuell. Noch vor wenigen Monaten berichteten die Medien täglich über Flüchtlingsströme aus Syrien und anderen Teilen der Welt. Bilder der Schiffskatastrophen zierten die Titelseiten der Zeitungen und Fotos ertrunkener Menschen, darunter viele Kinder, bewegten die Gemüter.
Doch wo bleiben diese Stimmen heute? Noch immer sterben Männer, Frauen und Kinder auf der Flucht vor Krieg, Hunger und Verfolgung. Die Sensationsgier und Medienpräsenz scheinen ausgelotet zu sein. Die Opfer sind namens- und gesichtslose Geister und finden nur noch am Rande Beachtung in der Öffentlichkeit. Vergessen geht schnell…
Natürlich gibt es noch immer viele hilfsbereite Menschen ringsherum, die ich an dieser Stelle nicht übergehen möchte. Aber es sind nicht genug.
Reinhardt Kleist verleiht mit seinem Buch Samia noch einmal ein Gesicht und eine Stimme. Sie ist nicht mehr nur ein Name unter vielen, sie wird real, greifbar. Beim Lesen entsteht eine persönliche Bindung zu dieser willensstarken jungen Frau, der sich der Leser nicht entziehen kann.
Seine schlichte und dennoch prägnante Darstellung der Fakten geht unter die Haut.
Die Wucht der Bilder und Texte erschüttert.
Das Medium Graphic Novel wird für mich immer mehr zu einem ausdrucksstarken Mittel, um ein großes Spektrum an Lesern auch an ernste politische Themen heranzuführen.
Samia ist kein Einzelschicksal, doch nun kennen wir das Gesicht hinter dem Namen, ihre Geschichte. Wir wissen um ihre Hoffnungen und Träume, die viel zu früh sterben mussten. Sie wird zu einer Persönlichkeit, so wie all die Menschen in den Flüchtlingsbooten keine breite Masse sind, sondern einzelne Individuen, Persönlichkeiten mit Gefühlen, Hoffnungen und Träumen.
Immer wieder fragt man sich „Wenn…warum…hätte…“ Die Ohnmacht, zu wissen was passieren wird und es nicht verhindern zu können, war groß.
Ich habe Samia in mein Herz geschlossen und werde sie nie vergessen. In meinen Gedanken lasse ich sie noch einmal laufen, fliegen und ihr Paradies erreichen…
Meine Campus Mitbewohner werden nach und nach ihre Gedanken zu Samias Geschichte niederschreiben. Die Links zu den einzelnen Beiträgen findet ihr hier. Ich werde die Liste immer aktuell halten. So erhaltet ihr ein sehr breitgefächertes Bild zum Buch und Samia.
Samias Geschichte bei: