Broschiert: 240 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch Verlag; Auflage: 2 (18. August 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3499632217
ISBN-13: 978-3499632211
D: 14,99 Euro
Inhalt:
Zerbrechen wir an dem Wissen, das wir uns gewünscht haben?
Sandra Schulz ist in der 13. Woche schwanger, als sie nach einer Blutuntersuchung einen gefürchteten Satz hört: «Ich habe leider kein komplett unauffälliges Ergebnis für Sie», sagt ihr die Ärztin. «Ein Schicksalsschlag», sagt ihre Familie. Sandra Schulz denkt: Redet nicht so über mein Kind! Sie kämpft um ihre ungeborene Tochter, doch heimlich nennt sie das Wunschkind, das plötzlich keines mehr ist, eine «halbe Sache» und fragt sich, ob sie ein behindertes Kind lieben können wird.
Offen, ehrlich, emotional und berührend lässt Sandra Schulz den Leser an einer Schwangerschaft teilhaben, die alles andere als unkompliziert ist.
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Die Autorin:
Sandra Schulz, Jahrgang 1975, aufgewachsen in China, studierte Politikwissenschaft in Freiburg und Berlin und berichtete als freie Journalistin aus Japan. Ausbildung an der Berliner Journalistenschule, danach Autorin bei mare, Zeitschrift der Meere, und seit 2008 Redakteurin beim Spiegel, für den sie mehrere Jahre aus Asien berichtet hat. Ausgezeichnet wurde sie unter anderem mit dem Helmut-Stegmann-Preis und dem Axel-Springer-Preis.
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Rezension:
Wenn wir über unsere Zukunft nachdenken, stehen eine Familie gründen und Kinder bei den meisten an oberster Stelle. Welche Idealvorstellungen, Wünsche und Erwartungen setzen wir selbst dabei bzw. die Gesellschaft? Was passiert, wenn diese in ihrer Realisierung dann so gar nicht in das Bild unseres Lebens passen?
Lange Zeit, eigentlich seit ich mit unserer ältesten Tochter schwanger war, konnte ich Bücher wie „Das ganze Kind hat so viele Fehler“ nicht lesen. Sie haben mich emotional einfach zu sehr belastet. Dabei verlief meine erste Schwangerschaft wie ein Traum. Die zweite dagegen war ein Auf und Ab in der emotionalen Achterbahn. Unsere Maus litt an einer ungeklärten Unterversorgung und war zu klein. Ich zählte damals bereits zur Risikogruppe der Schwangeren. Dennoch lies ich keine der möglichen Sonderuntersuchungen durchführen. Die brachte mir teils böse Blicke und ablehnendes Verhalten der Praxisschwestern ein. Ich wusste, ich hätte eine eventuell anstehende Entscheidung nicht fällen können. Dafür bibberte ich lieber von Ultraschall zu Ultraschall.
Tiffany kam zwar drei Wochen zu früh, mit 46 cm und gerade einmal 1.999 Gramm zur Welt, war aber kerngesund und eine kleine Kämpferin. Nach zehn Tagen durften wir gemeinsam nach Hause und unser Familienglück genießen. Noch heute ist sie für ihr Alter zu klein, aber der Sturkopf, der ihr während der Schwangerschaft und in den ersten Lebenstagen geholfen hat, ist ihr noch heute eigen. Die Ängste blieben und begleiteten mich während meiner dritten Schwangerschaft, die recht unproblematisch verlief. Auch dieses Mal verzichtete ich auf Extrauntersuchungen.
Viele meiner damaligen Gefühle kamen beim Lesen wieder auf. Ich konnte Sandras Gedankengänge sehr gut nachvollziehen. Wieder stand die Frage im Hintergrund: „Was hätte ich getan?“. Und wieder hatte ich keine eindeutige Antwort parat. Dennoch hätte ich wahrscheinlich in aller Endkonsequenz wie die Autorin gehandelt.
Kinder sind wie Überraschungstüten, die man immer wieder öffnen kann und zeitlebens neue Dinge in ihnen entdecken wird.
Es ist ein ehrliches, offenes Buch. Sandra Schulz nimmt uns mit auf eine Achterbahnfahrt ihrer Gefühlswelt. Ängste, Sorgen, Wut, Hoffnung und Liebe spiegeln sich in ihren Sätzen wieder. Ablehnung und Liebe können wir gleichermaßen spüren, wie Unsicherheit, Hoffnung und Ohnmacht. Manchmal ist sie am Ende ihrer Kräften, dann wieder voller Lebensmut und Zukunftsplänen.
Sie konfrontiert uns mit vielen Fragen, die jeder für sich selbst beantworten muss.
Das Leben mit einem behinderten Kind ist nie einfach, muss man zusätzlich noch um das Leben des kleinen Wesens bangen, kann einen die Last schier erdrücken. Nicht immer bekommen Eltern die Hilfe, die sie in derartigen Situationen dringend benötigen. Es heißt, sich durchbeißen, nie aufgeben und nach Lösungen und Wegen suchen.
Susanne Schulz und ihr Mann waren hartnäckig, sie glaubten an ihr Kind und lieben es so, wie es ist. Kleine Schritte bedeuten mehr als große und kleine Gesten können das Herz erwärmen.
Sie betrachten die Welt auf eine ganz neue Art und Weise. Wir sehen, wieviel Kraft in uns stecken kann, aber auch, dass unsere Gesellschaft noch immer nicht die Toleranz oder Akzeptanz zeigt, die sich viele wünschen.
Das Buch eröffnet uns allerdings auch viele positive Seiten des Lebens, die Eltern mit einem behinderten Kind erleben dürfen, gibt anderen Eltern Hoffnung und zeigt uns, was wir alles bewegen können. Ich wünsche der Autorin und ihrer Familie alles Glück der Welt mit ihrem besonderen Sonnenschein.