Rezension „Im Glashaus gefangen zwischen Welten“ von Devakumaran Manickavasagan (Deva) – Engelsdorfer Verlag / Nova MD Verlag

Taschenbuch: 195 Seiten
Verlag: Engelsdorfer Verlag; Auflage: 1 (31. Juli 2012)
             Nova MD Verlag; Auflage 2 (18. August 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3862689204
ISBN-13: 978-3862689200
D: 6,81 Euro / 2. Auflage: D: 14,50 Euro

Inhalt:

»Im Glashaus gefangen zwischen Welten« bietet einen Einblick in das Leben von Migranten, die ihre Heimat verlassen haben, um im Exil einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Am Beispiel der Jugend der in Deutschland lebenden Exil-Tamilen, zu denen er selbst gehörte, beschreibt der Autor Probleme und Hindernisse, die mögliche Gründe für eine verfehlte Integration sind. Von der einen Kultur in die andere gestoßen und in ihren Gefühlen verletzt, wissen sie oft nicht, wie ihr weiterer Weg verlaufen soll. Der Blick hinter die Kulissen ermöglicht betroffenen Migranten eine andere Sichtweise auf die Dinge und zeigt mögliche Wege auf.

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Der Autor:

Devakumaran Manickavasagan, geb.1987 in Ratingen.
Seit über 10 beschäftigte er sich mit dem Wandel verschiedener Kulturen in Deutschland. Dies gelang ihm durch den Austausch mit betroffenen Menschen,begleitet von zahlreichen Beobachtungen und persönlichen Erfahrungen mit dem Leben zwischen zwei Kulturen. Während der Flüchtlingskrise, die Deutschland im Jahre 2015 heimsuchte, konnte er als Betreuer und später Leiter einer Notunterkunft mit seiner tatkräftigen Unterstützung einen wertvollen Beitrag für die neu angekommenen Menschen in Deutschland leisten. Der Autor war lange Jahre im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit aktiv, um seine Forschungen und Beobachtungen, die er persönlich im Glashaus gemacht hat, zu widerlegen

Mehr über den Autor: www.devamanick.com

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Rezension:

Nach einem sehr netten und höflichen Kontakt, hat mich dieses bereit 2012 erschienene Buch direkt über den Autor erreicht.
Die Problematik ist aktueller denn je und ich war gespannt, ob ich hier Antworten auf meine unterschiedlichen Fragen finden würde.

Der Buchtitel leitet sich von dem Ausspruch „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“ ab, der wohl jedem bekannt ist. Doch was genau bedeutet er wirklich?

Hier gibt es unterschiedliche Interpretationen, die letztendlich jedoch auf dieselbe Aussage abzielen.

Man sollte niemanden Dinge vorwerfen, die man selbst tut bzw. getan hat. In heiklen Situationen sollte man darauf achten, nicht unüberlegt zu handeln und diese dadurch zu verschlimmern. Kritik an anderen ist leicht geübt, doch sollte niemand ein Urteil über das Verhalten anderer Personen fällen, wenn man selbst kein anderes Verhalten an den Tag legt.

Ich habe im eigenen Bekanntenkreis den Fall, das von der betreffenden Person öffentlich harsche Kritik für etwas geübt wurde, Leute regelrecht verdammt wurden, auf Unverständnis sowie Ablehnung stießen, das der Kritikübende selbst in der Vergangenheit nicht anders gehandhabt hatte. Ja, man kann seine Ansichten ändern. Wenn ich jedoch Kritik übe, denselben „Fehler“ aber selbst auch begangen habe, sollte dies nicht unerwähnt bleiben. So aber wirken die Äußerungen für mich heuchlerisch.

Wie münzt der Autor nun dies auf das Thema seines Buches um? 

Deva spricht aus eigener Lebenserfahrung heraus. Er verschweigt gemachte Fehler nicht und zeigt seinen Weg der Verarbeitung auf. Der Autor verdammt nicht, er entschuldigt auch nichts. Sein Anliegen ist darauf ausgerichtet, Verständnis zu schaffen – für die Probleme von Migranten und deren Kindern, Betroffenen einen Ausweg zu zeigen und Hilfestellungen zu geben. Er möchte nicht, dass wir das Verhalten akzeptieren, sondern die Gründe, den Ursprung begreifen, aus denen sich diverse Problematiken entwickeln.

Wir sehen nur die Flüchtlinge, die ins Land strömen, Forderungen stellen, aber dennoch keine Verbundenheit mit der neuen Heimat aufbauen wollen. Der erste Gedanke von Flüchtlingen ist immer die Flucht und die Hoffnung auf ein besseres Leben. Dabei bleiben Pläne, wie dies in einem neuen Land, ohne Hab und Gut zu realisieren ist, außen vor. Das Erwachen kommt meist zu spät. Es ist ein Neuanfang, der viele vor unüberwindbare Hürden stellt. Sprachbarrieren und veraltete Wertvorstellungen behindern einen fortschrittlichen Weg. Handlungsweisen verstärken sich ins Extreme, weil man eine Art Heimatgefühl bewahren möchte. Der Wunsch selbst ist nur zu verständlich, an der Umsetzung hapert es. Die Kinder dieser Familien sind am schlimmsten getroffen. Sie bewegen sich zwischen zwei Kulturen, zwei Welten und gehören doch nirgends wirklich dazu. Wo liegen ihre wahren Wurzeln und wie verbunden sind sie noch mit diesen? Es folgt eine oft lebenslange Identitätssuche.

Kontroversen sind vorprogrammiert. Fehlverhalten oder die Fluch in die vorgelebten, meist von Gewalt geprägten Muster, resultieren hieraus. Deva betreibt Ursachenforschung, ohne Anklage zu erheben. Er möchte wachrütteln und Konfliktlösungen aufzeigen.

Mir hat das Buch zum Beispiel die Frage, warum Migranten ihre Religion strenger ausüben, sich oft nur in ihre eigenen Kulturkreise zurückziehen, dafür von der Kultur des Landes, in dem sie Zuflucht gesucht haben, abkapseln und regelrecht fanatisch an Sitten und Gebräuchen der alten Heimat festhalten, beantwortet.

„Im Glashaus gefangen zwischen Welten“ würde ich in den Bereich Sachbuch einordnen. Es ist informativ und hilft, Verhaltensweisen nachvollziehen zu können. Dabei fordert das Buch beim Lesen große Aufmerksamkeit, denn was sich anfangs noch leicht wie eine Art Autobiografie liest, wird mit Fortschreiten psychologisch und philosophischer. Der Schreibstil gleicht an vielen Stellen einer wissenschaftlichen Abhandlung, dann wechselt der Autor wieder ein einen eher erzählerischen Tenor.

Natürlich darf man die vom Autor getätigten Ausführungen nicht auf alle Menschen ummünzen. Es gibt viele Ausländer, die sich in ihrer Wahlheimat voll integrieren, einen ausgewogenen Weg zwischen der Landeskultur und dem mitgebrachten Glauben finden konnten.

Auch blitzt beim Autor immer mal wieder ein verklärter Blick auf das Leben deutscher Jugendlicher und ihrer Familien durch. So unähnlich sind die Strukturen im Vergleich zu tamilischen Familien gar nicht. Leistungsdruck wird auch hier sehr oft aufgebaut. Spricht man mit deutschen Jugendlichen, fühlen sich diese in ihren Freiheiten von den Eltern auch eingegrenzt.

Das Unbekannte, das, was man selbst nicht leben darf oder kann, erscheint immer als erstrebenswertes Ziel. Doch manchmal unterscheidet sich das angestrebte Leben nur in wenigen Punkten von dem eigenen. Ungebrochen dessen bedeutet es eine Gratwanderung, zwischen zwei Kulturen aufzuwachsen und den eigenen Weg zu finden.

Deva hat mit seinem Buch einen Schritt in die richtige Richtung getan. Er öffnet denen, die es zulassen, den Blick auf die Möglichkeit von einem Leben mit Traditionen und Fortschritt, unter dem Einfluss verschiedener kultureller Strömungen, ohne die eigenen Wurzeln zu verlieren. Allen anderen gibt er hoffentlich ein wenig mehr Verständnis für unsere Mitmenschen mit auf den Weg.

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