Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Verlag: cbj (9. Februar 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570171086
ISBN-13: 978-3570171080
Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 12 Jahren
D: 16,99 Euro
Inhalt:
Längst ist das lebenslustige jüdische Mädchen, das sich zwei Jahre lang in der Prinsengracht zu Amsterdam vor den Nazis verstecken konnte und dort Tagebuch führte, zu einer Ikone erstarrt und geistert als Lernstoff durch die Klassenzimmer Deutschlands. Waldtraut Lewin wagt es, das Denkmal von seinem Sockel und Anne in unsere Welt zu holen, um sie besser kennenzulernen. Bei ihrer fiktiven Begegnung lässt sie Anne staunen über das, was sich in den siebzig Jahren seit ihrem Tod verändert hat. Und erzählt ihr vom Staat Israel oder vom neuen Deutschland, in dem Juden leben dürfen und Menschen gegen Rechtsradikalismus auf die Straße gehen. Zusammen wagen sie den Blick von heute auf das Gestern und das Morgen.
Die Autorin:
Waldtraut Lewin, geboren 1937, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft in Berlin und arbeitete als Opernübersetzerin, Dramaturgin und Regisseurin zunächst am Landestheater Halle und dann am Volkstheater Rostock. Seit 1978 arbeitet sie als freischaffende Autorin von Romanen, Hörspielen und Drehbüchern, für die sie zahlreiche Auszeichnungen erhielt.
Rezension:
Dieses Buch ist ein gewagtes Experiment. Es zeugt von Mut, Fantasie, ein wenig Naivität und dem großen Wunsch, Heranwachsenden die geschichtlichen Ereignisse des Holocausts und der Probleme der Juden im Staate Israel näher zu bringen. Sicher ein ungewöhnlicher Weg, doch ich denke, dass es Waldtraut Lewin mit ihrer ganz speziellen Art schafft, einen großen Teil der Leser von „Wenn du jetzt bei mir wärst“ zu erreichen. Und wenn nur ein wenig Interesse oder Neugierde geweckt wird, dann ist dies schon ein erster Schritt in die richtige Richtung.
An dem Namen Anne Frank kommt niemand vorbei und egal ob man das Buch gelesen hat oder nicht, „Das Tagebuch der Anne Frank“ ist jedem zumindest vom Namen her ein Begriff. Dennoch liegen die darin geschilderten Erlebnisse in der Vergangenheit. Nicht jeder möchte mit dieser Vergangenheit konfrontiert werden bzw. sich damit beschäftigen. Wie also kann man das sich so immer mehr sich einschleichende Vergessen verhindern?
In Situationen, in den denen wir unsere Handlungen und die daraus resultierenden Ereignisse nicht mehr ändern können, steht immer wieder eine Frage im Raum: „Was wäre wenn…?“
Genau an diesem Punkt greift Waldtraut Lewin an und versucht uns auf eine mystisch wirkende, warmherzige Art das Mädchen Anne Frank näher zu bringen. Eine Anne Frank mit den Hoffnungen und Wünschen eines heranwachsenden Mädchens, aber mit den Erfahrungen einer alten Frau. Dickköpfig, eigensinnig, voller Wissensdurst und Lebensfreude begibt sich dieses besondere Mädchen auf Entdeckungsreise.
Die Autorin nimmt uns mit auf eine geschichtliche Reise. Wir wagen einen erneuten Blick auf die Situation der Juden zu Zeiten des Krieges, aber auch auf ihr Leben nach dem Krieg. Diese Einblicke fand ich sehr interessant. Die Reise nach Israel und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten für den Ablauf der Geschichte barg recht viel Potential, sagte mir in der Gesamtheit betrachtet aber nicht hundertprozentig zu. Mir erfolgte an diesem Punkt die Betrachtung des Ganzen zu leicht und einseitig.
Ich hatte das Vergnügen einem Interview sowie einer kurzen Lesung von Waldtraut Lewin auf der Leipziger Buchmesse folgen zu dürfen. Mich hat ihre Art tief beeindruckt.
Die von ihr geschriebenen Zeilen, in der ihr eigenen Art und Weise vorgetragen zu hören, birgt einen besonderen Zauber. Ein von ihr eingelesenes Hörbuch würde seine Wirkung nicht verfehlen.
Fazit:
Ein gewagter ungewöhnlicher Blick zurück auf den Holocaust, der hoffentlich dem ein oder anderen mehr die Augen öffnet.
Kimmy vergibt 4 von 5 Käseecken